In seinem letzten Beitrag deutet Hans das Jahr 2020 als Jahr der Niederlage. Dem kann ich nur widersprechen! Das Sars-CoV-2 Virus hat uns in meinen Augen keine Niederlage beigebracht.

Im Gegenteil, es ist beachtlich, in welch hoher Geschwindigkeit Wissenschafter*innen Kenntnisse um die Aufbau des Virus, seine Wirkung und Verbreitung gewonnen haben, ganz zu schweigen von der schnellen Entwicklung mehrerer Impfstoffe. Auch die Politik hat, z.B. durch eine drastische Lockerung der (selbstauferlegten) fiskalpolitischen Schranken hier und da in erfreulichem Maße Handlungsfähigkeit bewiesen.


Natürlich hat uns die Pandemie noch einmal vor Augen geführt, dass wir es auf dieser Welt mit Risiken zu tun haben, die z.T. systemisch sind, d.h. Grundprinzipien unseres sozio-technisch-ökologischen Systems zerstören können. Diese Erkenntnis ist nicht wirklich neu, wurde aber sehr drastisch ins kollektive Bewusstsein gerufen; das mag hier und da verstörend sein, eine Neubesinnung auf verdrängte Tatsachen ist aber nicht wirklich als Niederlage zu bezeichnen.       

Dass trotzdem viel durch die Pandemie verursachtes Leid hätte vermieden werden können vermieden, ist wahr. Und teilweise beschämend wie z.B. die Tatsache, dass es in einer reichen und hochtechnisierten Gesellschaft wir der deutschen nicht möglich war, teilweise katastrophale Zustände in Alten- und Pflegeheimen zu verhindern. Will man hier von Niederlagen sprechen, haben diese nicht unbedingt in diesem Jahr stattgefunden, sondern schon über die letzten Dekaden; so war es nicht möglich, dass Gesundheitssystem vor der neoliberalen Markt- und Verwertungslogik zu schützen. Die digitalen Werkzeuge der öffentliche Verwaltung sind oft auf einem unwürdigen Stand, ebenso die digitale Ausstattung der Schulen. Genauso hat sich gezeigt, dass Frauen im Zweifel noch immer die Hauptlast der durch die Pandemie zusätzlich geleisteten Betreuungsarbeit übernehmen müssen, und die sozial Schwachen deutlich härter von der Krise getroffen werden als die Reichen. Die Gründe für diese Probleme sind nicht im Virus zu suchen, sondern in Kapitalismus, sozialer Ungleichheit, Patriarchat etc. Auch katastrophale politische Reaktionen auf die Pandemie (z.B. in den USA) sind nicht auf die Besonderheiten des Sars-CoV-2 Virus zurückzuführen, sondern auf langfristige sozio-ökonomische Entwicklungen, die dazu geführt haben, dass sich eine z.T. völlig unfähige politische Führung etablieren konnte.

Das Jahr 2020 nun als ein besonderes Jahr der Niederlage zu beschreiben ist daher irreführend. Ein Jahr mit großen gesellschaftlichen, ökonomischen und politische Folgen (ob zum Besseren oder Schlechteren sein einmal dahingestellt) wird es aber wohl sein.