Wenn die Kanzlerin dieses Wort im Gespräch mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch gebraucht, hat, wie die Bild-Zeitung es groß herausbrachte, dann ist das bemerkenswert als ein Signal dafür, daß sie die an ihr immer wieder hervorgehobene Contenance als Naturwissenschaftlerin zumindest für einen Augenblick aufgegeben und sich wieder unter den biblischen Wahrnehmungshorizont ihrer Herkunft aus einem Pfarrhaus gestellt haben könnte. Das Wort ‚Unheil‘ wird ja nicht oft gebraucht, vielleicht, weil es altertümlich klingt.

Als ich mich gestern mit einem Bekannten in Islamabad chattender Weise austauschte über die allgemeine Stimmung schrieben wir uns - beide gleichzeitig -, daß es langweilig sei, „boring“. Gerade war in der SZ ein langer Artkel über einen im Zoo von Islamabad zu Tode gelangweilten Elefanten erschienen, der nun zwecks Aufheiterung für 500.000 EUR zu Artgenossen nach Kambodja ausgeflogen werden soll. An ganz unterschiedlichen Orten der Welt scheint das Bleiben des Virus nun nach der großen Aufregung über sein Erscheinen Langeweile und Lethargie zu verbreiten.

Seit einiger Zeit schon klagte ein Freund in Baku darüber, dass der wegen Corona verfügte strenge Lockdown im Lande immer wieder verlängert werde ohne nähere Begründung und Erklärung der Lage seitens der Regierung und auch ohne dass hohe Infektionszahlen z. B. in seinem Umkreis bekannt geworden wären. Jetzt wurden die angeblich coronabedingten Einschränkungen überführt in den Kriegszustand.

Wird es eine Zeit nach der Pandemie geben? Zunehmend erscheint das fraglich. Die Einstimmung des Publikums durch die verantwortlichen Stellen, in Deutschland möglicherweise mehr als anderswo, geht eher in Richtung einer Gewöhnung an Corona bei auf unbestimmte Zeit andauernden Vorsichtsmaßnahmen. Die sollen möglichst eigenverantwortlich eingehalten werden und in Geschäften und Einrichtungen auch in deren Verantwortung, also wie immer.

In der aktuellen Situation sind zwei Dinge in Europa zu einem recht hohen Grade außer Kraft gesetzt: die kapitalistische Wirtschaftsweise und die Bürgerrechte der meisten Europäer*innen. Auch deswegen sehen Antikapitalist*innen, Kämpfer*innen gegen den Klimawandel, Befürworter*innen autokratischer bis diktatorischer Regime oder starker Nationalstaaten, Globalisierungskritiker*innen und Fans der digitalen Überwachung eine Chance gekommen, ihre jeweiligen Ziele im Hinblick auf die Welt nach der Pandemie voranzubringen. Dem gegenüber stehen viele Menschen, die in großer Sorge um ihre wirtschaftliche Existenz und/oder großer um ihre Gesundheit oder die ihnen nahestehender Menschen sind.